Heute ist Papstbesuch in Berlin. Die Zeitungen haben Humor und titeln "Heute Vatertag" oder "Grüß Gott". Wohl nicht so katholisch, die Hauptstadt. Aber zu dem Glockenalarm um 7.45 und 8.00 Uhr gesellt sich noch ein 20 minütiges Gebimmel - exact zu der Zeit als Pappa in Berlin landet - begleitet von 3 Euro-Fightern (nicht 3 €)
Da wir nun langsam das Gefühl haben, dass die Zeit rast und es noch soo viel zu sehen gibt, fange ich mal an, eine Wunschliste abzuarbeiten. Wir kaufen uns eine Tageskarte für die S-Bahn und eine Monatskarte für die Rädermitnahme. Kostet nämlich jedes Mal 1,50 mindestens pro Rad und zurück nochmal. Also 3 Euro pro Tag Minimum. Und die Monatskarte - man höre und staune: 9,50 Euro. Das hätten wir ja schon 3 mal rausgehabt, lohnt sich aber für die Restzeit immer noch. Und übertragbar ist die auch noch. Nur mal so als Tipp.
Das sind doch mal viele Gute Ideen!
Eigentlich steht heute Kreuzberg auf dem Programm - aber da wir schon mal "da drüben" unterwegs sind, kommt Tempelhof noch gleich mit auf's Programm. Einer der ersten und lange Zeit größten Flughäfen der Welt. Bereits 1927 erbaut. Mit einer Gebäudelänge von 1,2 km lange Zeit auch das längste geschlossene Gebäude der Welt (bis das Pentagon einen draufsetzte und "länger" war). Der Flughafen wird nicht mehr betrieben - aber Massen von Menschen strömen hin. Da staunen wir aber. Wir waren uns nicht mal sicher, ob man den überhaupt besichtigen kann. Halle, kühle Zurückgenomm
Wo die Menschen alle hinwollen? Hier ist die Startnummern-Vergabe für den Marathon am Sonntag. Menschen aus aller Welt, viele Sprachen, fröhliche Partystimmung, Festzelte. Der ideale Ort um mehr als 40.000 Läufer zu organisieren. Wir zahlen unsere 2 Euro Eintritt und freuen uns, dass wir den Flughafen besichtigen können. Wirklich ein cooler Bau
von beeindruckender Größe. Sehr schlicht-elegante, kühle Zurückgenommenheit der frühen 60ger Jahre. Und das gesamte frühere Flugfeldt ist jetzt ein riesengroßer Park, mitten in der Stadt. Da gibt es Kite-Surfer (also eher Kite-Skater) Fußballfelder, Gärten, Minigolfanlagen, Grillflächen. Eine prima Sache. Also wir um das Gebäude herumfahren, wundern wir uns über sooo viel Polizei auf der anderen Straßenseite am Columbiadamm. Wir denken, das muss eine Polizeikaserne sein. Einen Tag später lerne ich aus der Mopo, dass der Papst dort zu der Zeit sein Mittagsschläfchen gehalten hat. Schwerst bewacht. Den ganzen Tag stehen auch Hubschrauber am Himmel. Könnten von dort im Zweifelsfall wohl auch nicht viel machen.
Vor dem Flughafen befindet sich der Platz der Luftbrücke - so heißt jetzt auch die U-Bahnhaltestelle und man erkennt noch hinter Plexiglas: bis 1937 war das hier die Haltestelle Kreuzberg. Da sind wir richtig. Der Platz der Luftbrücke zeigt ein Denkmal das ich erst nicht so schön finde - aber dann : man muss nach oben Blicken, hinter all dem Beton der Himmel, die Freiheit, die Weite und die Hoffnung, es werden die 3 Luftkorridore symbolisiert, es deutet eine Brücke an und ganz pragmatisch hat es für mich die Form einer Gabel und erinnert daran, dass die Luftbrücke den Berlinern Nahrung brachte und so das Überleben sicherte.
Wir kreuzen rüber nach Kreuzberg, den chicen Teil, Kreugberg 61. Das es hier mal Hausbesetzungen gab und sehr viel alternativen Charme, das merkt man eigenlich nicht mehr. Wunderschöne Gründerzeithäuser in rauhen Mengen, Straßenzüge lang ist nicht ein einziges Haus den Bombem zum Opfer gefallen. Traumhaftes, ruhiges Wohnen vielleicht vergleichbar mit Winterhude. Dazu feine Designer- und Bioläden. Alles sehr gehobener Standard.
Wir wollen aber erstmal auf den Kreuzberg. Sehr steil ist der Aufstieg und sehr wundertoll ist es da oben. Es wartet nicht nur ein grandioses Schinkel-Denkmal und eine ebensolche Aussicht, es gibt auch eine Kreuzberg-Hütte. Die steht da extra für uns!
Falls jemand die Adresse braucht:
da fühlt man sich doch gleich wie zuhause. Lecker Rübli-Torte und gestärkt auf den Gipfel. Und beim Abstieg klettert man vorbei an den Victoria-Falls. Weltberühmt !.
Alles in Kreuzberg ! Unglaublich. Hinter dem Park werden auf dem ehemaligen Gelände der Schultheiß-Brauerei Luxuswohnungen gebaut. Überall das Gleiche. Immerhin haben sie die alten Gebäude integriert oder entkernt und zu Wohnungen umgestaltet. Wir radeln über die Bergmannstraße und staunen über die Pariser Atmosphäre. Boulevards, Müßiggang, volle Cafés, schicke Markhallen.
Dann über den Landwehrkanal geht es rüber in das andere Kreuzberg. Wirkt sehr lebendig, sehr Schanze, Multikulti und bunter. Das Bezirksschwimmbad sieht elend aus, der Görlitzer Park bringt dann doch an den Rändern mehr Subkultur und im Park viele Herren - sagt man jetzt Afro-Germanen? - die einem was zu rauchen anbieten "wanna smoke?" Der Park hat noch wirklich alternativen Charme. Die Flora läßt grüßen.
In diesem Park gibt es eine grandiose Einrichtung, den Kinderbauernhof. Da gibt es Ziegen und Esel, Schweine und Schafe, damit Stadtkinder lernen können wie "echte" Tiere eigentlich aussehen. Das kostet alles nix und ist offen zugänglich. Das ist mal eine gute Idee! Ich glaube soziale Einrichtungen funktionieren in Berlin besser - oder weil es viel mehr Menschen schlecht geht, tun viel mehr Menschen auch was.
Weiter durch Seitengassen:
Und oft fährt man um eine Ecke und da steht plötzlich ein wunderschöner Wasserturm, ein Brunnen, eine Kirche - und all diese Teile werden nicht mal irgendwo erwähnt. Berlin ist so reich an kleinen und großen Sehenswürdigkeiten.
Bei einem Dönermann gibt es dann Abendbrot. Auf der Straße sitzend und das Treiben betrachtend. Da ist wirklich was los. Anschließend fahren wir die Oranienstraße hoch bis zum Moritzplatz und steigen dort in die U-Bahn.
Aber das ist längst noch nicht alles. Da wir eine Tageskarte haben, kann man die ja auch nutzen und wir entscheiden uns, den Touri-Bus Nr. 100 zu nehmen, der alle Sehenswürdigkeiten mit einem Doppeldecker-Bus abfährt und nix extra kostet. Flugs die Räder nach Hause gebracht und wieder los. Ab Zoo fährt er - und wir haben Glück ( ist ja auch schon nach 9 ) und sitzen erste Reihe oben. Und dann fährt der Bus los und biegt gleich mal ab und fährt dann direkt durch bis Alexanderplatz- ohne Sehenswürdigkeiten. Aufgrund des Papstbesuches ist der gesamte Innenstadtbereich und Unter den Linden gesperrt. Interessant. Auch dieser Weg ist schön und viel zu gucken und die Tour gibt es nie wieder. Als wir kurz vor Alexanderplatz sind kommt die Durchsage, dass ab sofort wieder alle Linien normal verkehren.
Wir fahren dann mit der Straßenbahn zum Prenzlauer Berg und sehen auch hier viele, viele Lokale in der Schönauer Alle, am Anfang der Kastanienstraße, stoßen per Zufall auf die grandiose Kulturbrauerei. Eine ehemalige Brauerei, die nicht zu Luxuswohnungen umfunktioniert wurde sondern zum Kultur-Zentrum. Mit Openair-Disco, Biergarten, Clubs, Kino. Eine traumhafte Anlage.
Danach zurück zum Alexanderplatz und mit dem 100 Bus fahren wir gen Mitternacht noch einmal die Sightseeing-Tour retour. Jetzt mit Sehenswürdigkeiten. Ein schöner Abschluss. Das war ein gehaltvoller Tag.
Einen Absacker im Subito um die Ecke und dann ab nach Hause.
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