Montag, 12. September 2011

Von Siegen und Niederlagen

Nach einer Nacht voller Sturm und Regen stellen wir fest, dass Berlin seine öffentlichen Gelder vernünftig einsetzt. Um 7.10 Uhr geht ein eifriger Straßenfeger mit Blechschaufel über das Pflaster, um Blätter und Dreck aufzukehren. Alle 5 Meter. Lobenswert. Kurze Zeit später der erste Müllwagen, laut, langsam mit brüllenden Mülleuten. Plötzlich fängt auf einem Montag um 8.oo Uhr die Kirche gegenüber wie wild an zu läuten - bzw. natürlich deren Glocken. Danach kommen 2 Straßenreinigungswagen und fegen die Fahrbahn, dann weitere Müllwagen ( hier wird sorgsam getrennt) und die Kirche hebt zu neuen Salven an. Als dann der Straßenkehrer zurückkommt - falls die Müllautomänner gekleckert haben - da sind wir soweit wach, dass wir dann doch mal aufstehen. Da ist es 8.40 Uhr. Guter Start in einen 3. Tag, der bekanntlich ja immer nicht so rund läuft.

Wir sind dann los zur Siegessäule und klettern tapfer alle Stufen hoch. Tolles Teil, die Siegessäule. Sehr golden und mit prächtigen Mosaiken, bei denen man mit etwas Entfernung denkt, es seien Gemälde. Die Einschusslöcher von den letzten Tagen des Krieges vermitteln ein komisches Gefühlt. Tapfer alle Stufen erklommen, der Blick ist grandios. Ganz schön hoch so 60 Meter. Kitzelt im Bauch.





Wieder runter,  mit dem Rad durch den Tiergarten,  erfreuen uns 6 Fischreiher mit anmutiger Vorführung, Schauflügen und eleganten Landungen auf im Wasser hängenden Ästen. Auf der Suche nach einem lauschigen Frühstückslokal werden wir nicht fündig. Wir überlegen, wohin weiter und entscheiden uns für den Mauerweg. Vorerst vorbei am Hamburger Bahnhof, heute Nationalgalerie für moderne Kunst. Sehr schöner Bau, fast wie das Hamburger Wappen. Das Ganze modern ausstaffiert - charmant

Wir wollen zur Bernauer Straße und zum Mauerpark - da wird uns der Mauerweg ja unmittelbar hinführen. Unterwegs entdecken wir eine alte Bahnbrücke, die nach dem Mauerbau stillgelegt wurde. Sie führt über die Spree und der Fluss war die Grenze. Also Brücke stehengelassen, aber auf der Ostseite alle Schienen gekappt. Beeindruckend verrostet, Industrienostalgie. Malerisch.



Auf den alten Schienentrassen hat man einen Wanderweg oder Park gebaut. Dem folgen wir per Rad, fühlen uns wieder wie im Süden auf trockenen Schotterpisten und das Wetter wird immer besser. Nach einer ganzen Weile : ein Beachclub, mitten in der Stadt. Wir haben ihn entdeckt - kommt uns gerade recht. Eingebogen, Räder abgestellt, Burger bestellt und ab in den Liegestuhl. Das war eine feine Pause. Beach-Mitte heißt das Ding. Mit ganz vielen Beach-Volleyballfeldern, einem Kletterparkgerüst und vor allem viel Sand, Beachclubmöbeln, Bambus und Schilf. Was will man mehr.



Direkt dahinter ging es dann bergab und wir waren am Nordbahnhof und somit am Mauerpark. Und sehen von der Seite auch, das unsere Beachclub-Entdeckung meterhoch beworben wird. Aber von der anderen Seite war's charmanter. Im Nordbahnhof eine Ausstellung " Von Grenz- und Geisterbahhöfen" Der Nordbahnhof war eine zugemauerte Station, da zwischen seinen beiden Eingängen die Grenze verlief. Züge durften unterirdisch durchfahren aber nicht anhalten. Alles schwer bewacht.

Der Mauerpark ist grandios gemacht. Wirklich beeindruckend, kann man jedem nur empfehlen. Wir verbrachten Stunden dort und haben nur die Hälfte gesehen. Wir kommen wieder. Man bekommt ein wenig ein Gefühl für die Skrupellosigkeit und menschenverachtente Haltung des DDR-Regimes. Beklemmend und erschütternd - und gar nicht lange her! Ein Englisch sprechender Herr sagte: Sad, terribly sad.

Da wurden heile Häuser abgerissen, Kirchen gesprengt, Strassen geteilt, Familien zerrissen und Menschen getötet - um eine bessere Gesellschaft zu schaffen. So geht das nicht. Viele interessante Denkanstöße.



Für heute haben wir genug gesehen, radeln zurück und genießen noch eine Pizza bei unserem Lieblingspizzamann aus Venedig. Alles ohne Zusatzstoffe, netteste Bedienung und grandios niedrige Preise. Zuhause die erste Badewanne seit - lange her, für mich seit Prag. Und nach einem inhaltreichen Tag - schnell noch bloggen und dann ins Bett. Morgen soll das Wetter grandios werden und zum Thema passend kommt wohl die Eastside-Gallery in Frage. Kiki Blofeld hat am 11.9. zu gemacht, das war auch das letzte Mal Open-Air Theater im Mauerpark und Tag des offenen Denkmals. Ebenso das Nickelodeon Kino: Schluss 11.9. - Man kann nicht alles haben. Gute Nacht für heute ( 23.56 Uhr)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen