Freitag, 16. September 2011

Wannsee: Heaven and Hell

Nun aber sollte heute ein ruhiger Tag eingeschoben werden, da sich die Pause gestern mehr als vollwertiger Besichtigungstag entpuppt hat. Wir fangen mit einem Frühstück in unserer Lieblingsmarkthalle an. Rühreibrötchen und Hackepeter, dazu einen Pott Kaffee.



Man muss ja auch spontan bleiben und wir beschließen diesen grandios blauen Himmel Respekt zu zollen und entscheiden uns für einen Ausflug zum Wannsee. Dort wartet auf uns die Liebermann-Villa, die wir schon seit Jahren besuchen wollen, seit wir in der Kusthalle die Liebermann-Ausstellung gesehen haben.

Mit dem Rad zum Hauptbahnhof, ab in die S 7 und die fährt duch bis Wannsee in nur 30 Minuten. Das ist sehr praktisch - zumal es auf der Karte sehr weit weg aussieht. Vergleichbar mit Hauptbahnhof - Sachsenwald. Dauert auch nicht länger, ist aber auch sehr weit weg. Dann kurz die Borussia bewundert, einen Rasenmäher abgehängt - hier fahren in Günanlagen immer Fahrzeuge hinter einem her: Bagger im Tiergarten, viele, jetzt der Aufsitzmäher bei der Borussia. Wie im Comic - aber man fühlt sich verfolgt.

Dann über eine Brücke, die den kleinen und den großen Wannsee trennt entlang des Mauerweges (auch hier) und gar nicht weit bis zur Colomierstraße 3.  www.max-liebermann.de

Dort zahlt man seinen Eintritt gerne, denn es dient einem guten Zweck. Der Garten ist groß und schön und ich wundere mich, dass Artischocken auch in unseren Breiten wachsen. Das werde ich nächstes Jahr auch ausprobieren. Bauerngarten "mit alles", Stauden, Birken und Seeblick. Das Haus hell und freundlich. Viel zu lesen und zu bewundern. Gemälde aller Stilrichtungen. Der konnte alles : Öl, Aquarell, Radierungen, Zeichnungen. Portraits, die wirklich Charakter haben.



Dazu die Geschichte des Hauses, vom Künstlersitz und Sommerresidenz, durch Enteignung zum NS-Schulungszentrum, später zum Krankenhaus und dann zum Tauchclub "mit eingemauertem Aquarium hinter der Bar im Gemeinschaftsraum" umfunktioniert. Wandgemälde überlackiert - andere mit Tordurchbrüchen verschwinden lassen. Gelernt haben wir , dass Herr Liebermann in seinem Geburtshaus am Pariser Platz 7 (!) gleich neben dem Brandenburger Tor lange gelebt hat und dort auch  - ob der braunen Suppe in Berlin - den Ausspruch tat " Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte". Er starb verbittert 1935, nachdem er 1933 aus Protest alle öffentlichen Ämter niedergelegt hatte. Seine Frau nahm 1943  Alter von 85 Jahre Veronal, um sich der Deportation zu entziehen.

Zum Abschluss auf der Terrasse lecker Zwiebelkuchen mit Federrotem (kannten wir auch noch nicht) und eine Blaubeertorte mit Rhabarberschorle. Klar, wer was nahm...

Kleine Anektdote am Rande - unsere Technik-Affinität ist ja bekannt. Es gibt dort an Apple PCs Info-Filme. Die wollten wir uns ansehen. Und zeitglich wurden beide Bildschirme schwarz! - Kurz danach nahmen andere Besucher Platz und alles war wieder gut.



Danach gleich 3 Häuser weiter das Haus der Wannsee-Konferenz. Die Geschichte ist bekannt. Dort wurde die "Endlösung" geplant und besprochen,  bei einem leckeren Frühstück in gepflegter Umgebung. Das Haus wirkt düster - soll es wohl auch und die Ausstellung umfasst die ganze Geschichte des Holocaust und ist sehr, sehr gut gemacht. Erstaunlich, welche Dokumente noch existieren und erschütternd,  wie abstrakt, verwaltend und herzlos-pragmatisch das Thema auf organisatorischer Seite abgewickelt wurde. Deprimierend.
Sehr viel zu lesen - daher haben wir das Buch erworben, dass sie Ausstellung komplett wiedergibt.

Neben diesem düsteren Ort gibt es ein Ausflugskaffee - und zwar ein ganz Besonderes.Es belegte bei der Wahl des beliebtetsten Outdoor-Lokals den 2. Platz. Daneben steht ein monumentaler Löwe, den die Dänen erschaffen haben anläßlich ihres Sieges über Schleswig-Holstein. Der Löwe ist muskulös, groß und gefährlich von hinten und von vorne ein echter Däne mit einem Gesicht wie ein Plüschtier oder wie aus der Augsburger Puppenkiste. Niedlich.



Nun noch schnell zum Strandbad Wannsee. Ich war wild entschlossen, nochmal ins Wasser zu springen. Aber es ist wirklich sehr kalt heute, die Sonne ist schon lange weg und es ist spät. Ich lasse mir versprechen, dass wir nochmal wiederkommen - denn ich möchte unbedingt einmal in diesem Jahr im See baden. Egal wie kalt. Das muss noch klappen.  Schönes Strandbad. Groß, Sandstrand, Strankörbe. Charmant anachronistisch





Zur S-Bahn Nikolai-See sind es nur wenige hundert Meter und die Bahn bringt uns zum Hauptbahnhof, von wo aus wir nun mal kurz bei Justy vorbeiradeln. Dort wird grad gemütlich bestelltes Essen verspeist und Josy ist zu Gast. Die Katze ist viel niedlicher als man dachte. Die freut sich, die Justy - wir bleiben nur kurz, wollten ja nur mal sagen, dass wir da sind. Danach kaufen noch im Moabogen was zum Abendessen und dann ab nach Hause. Pierre ist heute auch da und möchte gerne mit uns essen. Wir sitzen zusammen in der Küche und es gibt Nudeln mit Champignons, Frühlingszwiebeln, Biohack und Huhn gebraten in Pfeffersahnesauce. Sehr lecker. Wir klönen nett fast bis Mitternacht und dann ist es wieder höchste Zeit zum Schlafen.

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